Der Ziegler

Es war einmal ein junger Ziegler, der lebte auf einer Anhöhe in Sichtweite der Türme der Stadt Nordhausen. Er verstand die Handwerkskunst seinen Ziegeln eine Seele einzupflanzen, die sie im Sonnenlicht glänzen ließ. Bedauerlich war nur, dass die Menschen zu gleichgültig und blind waren, um dieses Wunder wahrzunehmen. Für sie zählte allein, dass eine Mauer hielt. Der Ziegler wurde darüber immer trauriger. Nur seine beiden Freunde, eine Nachtigall und ein kleiner Treppenkäfer, der Ziegel mit vier Händen zu brennen verstand, wussten seine Kunst zu schätzen und beschlossen zu helfen.

Sie zogen gemeinsam vor die Mauer der Stadt. Während der Treppenkäfer im Mondschein mit vier Hämmerchen gleichzeitig Ziegel aus der Mauer löste, sang die Nachtigall aus Leibeskräften Stunde um Stunde ihr Lied, damit die Bürger vom Lärm nicht geweckt wurden. Als sie fertig waren und ein Loch in die Stadtmauer gebrochen hatten, begaben sie sich auf den Heimweg. Die Tochter des Turmbläsers hatte Nacht für Nacht dem Gesang der Nachtigall gelauscht. Als er endete, ging sie zur Mauer, von wo sie den Gesang vernommen hatte. Sie sah das Loch und folgte dem Pfad bis zum Hause des jungen Zieglers. Der holte gerade einen seiner zauberhaften Ziegel aus dem Ofen, da kroch die Sonne über den Hügel und brachte den Ziegel zum Strahlen. „So hell“ flüsterte die Tochter des Turmbläsers. Die Nachtigall wollte ihre Worte aufgreifen und dem Ziegler zurufen, jedoch gelang ihr nur ein „Sourell, Sourell“. Der Ziegler drehte sich um und war vom Anblick des Mädchens so geblendet wie sie von seinem.

Er ging mit ihr und seinen Freunden zur Stadt, um den Turmbläser um die Hand seiner Tochter anzuhalten. Am Loch in der Mauer trafen sie auf eine Menschenmenge, die auf der Suche nach dem Mädchen nun auch das Loch in der Mauer entdeckt hatte.
Der Ziegler und das Mädchen strahlten in ihrer Liebe noch heller als die Sonne, und nun konnte niemand mehr den Zauber der Ziegel übersehen. „So hell, so hell“ flüsterten alle. Und die Nachtigall wiederholte „Sourell, Sourell“. Die Hochzeit wurde schließlich vor dem Loch in der Stadtmauer gefeiert, das fortan „Nachtigallenpforte“ heißt.

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Quelle: Harzer Tourismusverband e.V. destination.one

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Zuletzt geändert am 05.12.2022

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